
Tag der Warnung Als Warnung: Deutschland muss umstellen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EAG7O3HDKFBJ3HLE64QOHIHWJY.jpeg)
Ein Schild in der Innenstadt weist auf die Testwarnung im Rahmen des Warntages hin.
© Quelle: Moritz Frankenberg/dpa
Halb Deutschland muss an diesem Donnerstagmorgen überrascht gewesen sein, als plötzlich im ganzen Land Pieptöne, Rufe und Schreie losbrachen. So war die Überraschung gar nicht so groß, dass plötzlich sogar die stummgeschalteten Handys piepsten und sogar die staubigen Sirenen auf dem ebenen Boden ertönten. Denn vom bundesweiten Warntag hatte man schon gehört – ob der bisherige Versuch vor zwei Jahren kläglich gescheitert war oder still und leise.
Anzeigen Lesen Sie später mehr
Anzeigen Lesen Sie später mehr
Es war erstaunlich, wie gut der Testalarm dieses Jahr funktionierte. Analoge Sirenen wurden aktiviert, ebenso Warn-Apps, die 2020 entweder gar nicht oder zu spät reagierten. Zu guter Letzt wurde die Warnung zunächst über Funkmasten über ein „Cell Broadcast“-System an alle Mobiltelefone im Empfangsbereich verbreitet. Das für den Bevölkerungsschutz zuständige Bundesamt konnte zufrieden berichten, dass die technische Infrastruktur und das Zusammenspiel verschiedener Systeme diesmal funktionierten.
Deutschland hat wieder einmal aus dem Verlust gelernt
Man ist fast versucht zu schreien: Komm schon! Oder besser: Warum nicht? Denn „Cell Broadcast“ ist längst in der halben westlichen Welt verbreitet, von Japan über die USA bis nach Griechenland. Deutsche Behörden hatten sich jahrzehntelang aktiv dagegen entschieden – hauptsächlich aus Kostengründen, aber vielleicht auch aus Sorge um Datenschutz und Privatsphäre.
Anzeigen Lesen Sie später mehr
Anzeigen Lesen Sie später mehr
Schlimmer noch: Der Streichwarn-Testlauf aus dem Jahr 2020 reichte nicht aus, um deutsche Handy-Warnungen auf zeitgemäße Standards zu bringen. Deutschland hat die Schäden wieder einmal nur eingeschätzt: Im Sommer 2021 war in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eine Flutkatastrophe nötig, bei der Menschen starben, weil sie zu spät vor dem Hochwasser gewarnt und ihre Häuser zu spät evakuiert wurden. Erst damals startete die Bundesregierung ein Förderprogramm für den Umbau des Sirenennetzes, die Sanierung des stillgelegten Alarmnetzes und die Einführung eines Mobilfunksystems.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Kapitalradar
Zeitung mit persönlichen Eindrücken und Hintergrundinformationen zum Regierungsviertel. Jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag.
Deutschland hat zumindest in anderen Bereichen gut daran getan, nicht auf eine Katastrophe zu warten, um Ängste abzubauen und sich mutig der Digitalisierung zu stellen – vor allem im Bildungswesen, in der Verwaltung und besonders im Gesundheitswesen. Schließlich bedeutet der Verzicht auf das gesetzeskonforme Faxen von ausgedruckten E-Mails nicht, den Datenschutz aufzugeben. Stattdessen können wir uns mit modernem Datenschutz weltweit profilieren.
In vielen Großstädten schwiegen die Sirenen
Doch wer den erfolgreichen Bundeswarntag als Vorbote des deutschen Umdenkens feiert, wäre zu früh zum Feiern gewesen: Einerseits gilt es, die Daten auszuwerten, um Mängel im Verfahren zu erkennen – worum es bei diesem Test geht. Der Lauf war beabsichtigt.
Anzeigen Lesen Sie später mehr
Anzeigen Lesen Sie später mehr
Andererseits war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass viele Sirenen verstummen würden, weil viele Großstädte nicht mitmachen wollten oder die Infrastruktur noch fehlte oder nicht funktionierte. Angesichts der bekannten Verluste und Pannen sind diese Lücken zumindest peinlich. Die Bundesregierung sollte am Modernisierungsschub festhalten – aber auch an den finanziellen Zuschüssen dafür.
Generalprobe für den Ernstfall: Deutschlandweiter Warntag am 8. Dezember
Der erste bundesweite Warntag 2020 hatte gravierende technische Probleme. Der nächste ist abgesagt. An dieser Stelle sollte alles gut funktionieren.
© Quelle: RND
Denn eines muss dem Staat klar sein: In Krisenzeiten wie der heutigen sind solche Testfahrten mehr als nur technische Tests. Das sind vertrauensbildende Maßnahmen angesichts der Debatte über Russlandkrieg, Energieknappheit und Stromausfälle, aber auch Rekordauswirkungen des Klimawandels wie Waldbrände, Überschwemmungen und hitzebedingte Todesfälle in Europa. . Einiges davon kann die Politik vielleicht abmildern, aber nicht alles. Das Land sollte also zumindest darauf vorbereitet sein.